Am vergangenen Dienstag hatte ich das Glück an einem sehr spannenden Workshop zur Zukunft des Fernsehens teilzunehmen.
Willms Buhse (@ahoibrause) und Jörn Hendrik Ast (@jormason) von doubleYuu haben eine Hand voll Digital Natives aus den Reihen der DNA-Digital Initiative und mich eingeladen um zusammen mit Martin Fisch, aus der Abteilung "Digitale Strategien" des ZDF zu diskutieren, wie sich unsere TV-Gewohnheiten verändern.
Mit dem Workshop hat sich die Gruppe auf ein Treffen mit dem Management des ZDF am kommenden Donnerstag vorbereitet, an dem ich per Skype teilnehmen möchte.
In zwei Arbeitsrunden haben wir in Kleingruppen versucht, ganz unrepräsentativ unsere persönliche Wahrnehmung des Fernsehens und natürlich des ZDF aufzuzeichen. Manuel Schmutte (@schmutte), Daniel Harbeck (@dharbeck) und ich haben dabei diese kreativ wirkende Flipchart gestaltet.
Der iPhone-Kamera sei Dank, dass man nicht mehr lesen kann. Aber die wichtigsten Punkte unserer Diskussion gliederten sich in vier Cluster:
1. So glotz ich heute.
Wir haben festgestellt, dass wir Fernsehsender ( und ganz besonders das ZDF) gar nicht mehr als Sender wahrnehmen. Eigentlich verknüpfen wir nur noch einzelne Programminseln mit dem Kanal, so wie Wetten Dass?, Terra X oder die Mainzelmännchen.
Insgesamt fanden wir unseren Konsum recht selektiv und mit einem starken Wunsch ausgestattet, unsere Lieblingssendungen auf Abruf sehen zu können.
On Demand, wie man im TV Geschäft sagt.
2. Warum on-demand
Der Wunsch nach mehr On-Demand Fernsehen kam nicht auf, weil Daniel und Manuel aus Versehen ein Maxdome-Abo abgeschlossen haben. (Sorry, das muss an die Öffentlichkeit).
Hauptgrund für uns ist gewesen, dass wir nicht auf die neuen Folgen der amerikanischen Lieblingsserie ein Jahr warten wollen, um sie dann meist schlecht synchronisiert nachts im Programm zu suchen. Vor dem Internet ist einem das komischerweise nicht aufgefallen. Man wusste schlicht nicht, was in Amerika lief. Heute zwingt das Wissen über gute Serien den begeisterten Fan quasi die Illegalität bei Kino.to. Unser Hoffnungsschimmer: Vielleicht kauft man Serien irgendwann direkt beim Produzenten.
3. Tendenz - Wohin gehts.
Die Tendenz der Medienentwicklung haben wir mit dem Satz "Ein Screen ist ein Screen" zusammengefasst.
Wir möchten selbst entscheiden, was auf dem Bildschirmen sehen ist. Und so sind wir darauf gekommen das Fernsehen mit "iTunes" zu vergleichen. Mit dem Apple Musikprogramm kann man seine eigenen Playlists erstellen, aber auch linear ausgestrahle (Radio-)Streams hören oder die Auswahl an Titel in Genius-Modus von einem Rechner bestimmen lassen. Warum sollte der Fernseher der Zukunft das nicht auch können.
Am Ende waren wir uns einig, dass es gar nicht so sehr um den Inhalt geht, sondern vielmehr um das Erlebnis mit dem Inhalt.
Je nachdem welches Erlebnis ich anstrebe, möchte ich mich entweder voll auf einen Film konzentrieren oder parallel mit Freunden twittern oder surfen. Dabei ist Social Media beim Fernsehen eine virtuelle Erweiterung des 'zusammen-vor-der-Glotze-sitzens'. Wenn Männer bei Pizza und Bier Rambo sehen, spielt Sylvester Stallone auch eine untergeordnete Rolle. Er ist nicht mehr Zentrum der Aufmerksamkeit, sondern das Lagerfeuer. Er gibt den Grund sich um die Flimmerkiste zu scharen. Es geht also gar nicht darum, ob man Fernsehen jetzt aktiv oder Passiv konsumiert und was besser ist. Man swiched einfach im Grad der Partizipation hin und her, so wie man sich in eine Unterhaltung einklingt oder ausklinkt.
4. Warum ist das so?
Der fließende Wechsel zwischen lean forward und lean backward ist bei mir jedenfalle eine aktive, wenn auch manchmal unbewusste Entscheidung. Sie ist abhäng davon, was er erleben möchte. Und vom Erlebnisinteresse leitet sich auch die Relevanz eines Inhaltes ab.
Denn ich denke ein Inhalt ist nicht per se relevant. Er ist nur so wichtig, wie ein Zuschauer ihn empfindet, aufgrund seiner individuellen Ansprüche.
Deshalb kann es einen Sender (wie das ZDF) schnell enttäuschen, wenn er Sendungen von der hohen Quote abgeleitet für relevant erklärt, auf Facebook bringt. Denn Relevanz kann man einem Inhalt in vielen verschiedenen Graduierungen verleihen. Und selbst wenn viele Menschen die Sendung am Samstag abend sehen und unterhaltend finden, müssen noch nicht alle automatisch "Wetten Dass?" für persönlich so relevant halten, um sich auf einer Facebook-Seite zu engagieren.
(In einem anderen Post habe ich darüber geschrieben, wie wenig Kinobesucher zu Facebook-fans geworden sind: hier weiterlesen)
Und eben weil man nicht von der Quote direkt auf die soziale Relevanz (also das Bedürfnis sich mit einem Inhalt weiter und vor allem in Social Media auseinanderzusetzen ) schießen kann - ist der Sender gezwungen so viel wie möglich auszuprobieren. Wenn es zu vielen Sendungen Social Media Verlängerungen gibt, wird man schnell feststellen, welche Sendungen die größte Fan Relevanz haben.
Doch um Neues auszuprobieren, braucht man vor allem Ideen.Von denen sollen möglichst viele in dem kommenden Management-Treffen diskutiert werden. Deshalb ist aus dem Workshop heraus eine Facebook-Seite entstanden, auf der jeder seine Wünsche an das ZDF richten kann. Sie heißt: Rettet unser Zweites. Und jeder ist eingeladen mitzumachen.
Hey Christian,
AntwortenLöschenschöne Zusammenfassung. "Sylvester Stallone als das Lagerfeuer", sehr schön!! ;)
Denke der "on demand" Punkt wird immer stärker werden und vielleicht geht es irgendwann in Richtung Playlist-Fernsehen, fänd ich großartig. Wenn man dann noch taggen könnte, wie bei der BBC. Spitze!