creative*glasses
transmediales flanieren und story thinking
Dieser Blog ist umgezogen!
Achtung!! Dieser Blog ist umgezogen. Ab jetzt schreibe ich auf http://growthbystory.de/.
Samstag, 16. November 2013
Storytelling für Blogger - Mein Vortrag bei #blogst13
"Und jetzt kommt Christian und erzählt euch was über Geschichten."
Ricarda drückt mir das Mikrofon in die Hand. Ich sehe in die erwartungsvollen Augen von einhundertfünfzig Frauen. Und hole tief Luft.
Fünfundvierzig Minuten habe ich Zeit für meinen Vortrag. Der Titel: 'Storythinking - Die Kunst in Geschichten zu denken'. Fünfundvierzig Minuten Zeit, um die Teilnehmer der Blogger-Konferenz Blogst in Essen für die Magie der Geschichten zu begeistern.
Mit dem Daumen wische ich über mein iPhone. Die erste Keynote-Folie erscheint hinter mir an der Wand. Ich ahne, wie sich eine Frau fühlt, die sich auf einer anderen Internet-Konferenz einem Auditorium von Männern stellt.
"Hallo ich bin Christian. @mindcaffeine auf Twitter....", sage ich ins Mikrofon und starte mit meiner Präsentation.
Fünfundviertzig Minuten später bin ich erleichtert und gerührt.
Erleichtert, dass ich in der Zeit geblieben bin. Ich mag es nicht, wenn Redner ihre Zeit überziehen. Gerührt über den Applaus und die tollen Kommentare auf Twitter.
Das war heute morgen. Jetzt sitze ich auf einer kleinen Empore über dem Veranstaltungsraum und fühle mich wie ein Beobachter auf einem fremden Planeten. Unten läuft ein Workshop darüber, wie man gute Bastelanleitungen schreibt. Ein anderer Workshop erklärt Photoshop. Heute morgen habe ich etwas über Suchmaschinen-Optimierung gelernt und wie aus der Idee ein Magazin zu machen, ein echter Verlag werden kann.
Den Zauber von Selbstgebasteltem oder Instagram-Fotos von Keksen auf Untertassen werde ich wahrscheinlich nie verstehen. Um so mehr inspiriert mich die Leidenschaft mit der jeder hier an seinem Thema hängt und sich die Zeit nimmt, neben Familie, Arbeit, Beziehung, Freunden seinem Interesse zu folgen.
Ich frage mich, wann das Wort Amateur eigentlich seinen negativen Touch bekommen hat. Denn eigentlich ist es ein schönes Wort. Es kommt vom lateinischen Amator - Liebhaber. Und beschreibt Menschen, die Lieben was sie tun.
Und dazu gehört richtig viel Mut. Davon hat Julia Helmke erzählt. Durch ihren Blog Heimatpott hat sie gemerkt, nicht im richtigen Job zu sein. Und es geändert - statt das bloggen aufzugeben.
Montag, 2. September 2013
Keine Mails, keine Meetings zwischen 8.00 und 11.00.
Eigentlich seit meinem ersten Arbeitstag haben meine Bürotage entweder mit dem Blick in die Mailbox begonnen, oder einem Status-Meeting oder einem extra früh gelegten Kundentermin. Schnell morgens Mails wegschaffen. Kurz mit dem Team oder einem Kunden klären was zu tun ist. Damit schön viel produktive Zeit vom Tag übrig bleibt.
So die Routine, die spätestens mit meiner Selbstständigkeit immer weniger funktioniert hat. Denn je mehr Bälle in der Luft sind, desto mehr Mails gibt es zu lesen und Dinge zu besprechen. Die eigentliche Arbeit startet erst Nachmittags, wenn die Augen nur noch mit Kaffee aufbleiben.
Und abends bleibt das Gefühl, mit nichts fertig zu werden oder voran zu kommen.
In den letzten Wochen habe ich angefangen, diesen Modus immer Mal wieder umzukehren.
Und stelle fest, wie sich dann meine Produktivität erhöht und der gefühlte Stress abnimmt.
Was meine ich mit umgekehrt?
Statt morgens Mails zu schreiben oder Besprechungen zu halten, konzentriere ich mich die ersten drei Stunden des Tages auf die wichtigsten kreativen Aufgaben, die vor mir liegen: An einem Konzept schreiben, einen Blogpost formulieren, eine Idee skizzieren, eine Geschichte weiterdenken.
All diese Dinge gehen mir Morgens leichter von der Hand. Vor allem wenn ich mir für die Aufgaben einen konkreten Zeitrahmen stecke ("Darum kümmere ich mich jetzt, ohne Unterbrechung, 60 Minuten").
Langsam entwickelt sich daraus eine Art kreative Routine. Sie beginnt gegen 8.00 Uhr mit 20 Minuten Tagebuch. Dann folgt die Auswahl der Aufgaben, die ich an diesem Tag angehen möchte, von meinem Trello-Canban Board. Schließlich widme ich mich zwei mal 60 Minuten einer bis zwei wichtigen kreativen Aufgaben. Das klappt natürlich nicht jeden Tag. Doch ich bemühe mich darum, diesen Raum zu verteidigen.
Denn früher habe ich meine produktivste Zeit den Prioritäten anderer geopfert. Heute möchte ich den Morgen nach meinen Prioritäten nutzen. Um 11.00 Uhr habe ich bereits die wichtigste kreative Arbeit voran gebracht. Und das Gefühl, etwas Wichtiges geschafft zu haben, beflügelt den ganzen Tag.
Die Inspiration meinen Arbeitsmodus zu überdenken, kam übrigens aus diesem Buch "Manage you Day-to-Day: Build your Routine, find your focus & sharpen your creative mind".
Es hat mich auch mit ein paar anderen spannenden Ideen versorgt: Zum Beispiel der Idee einen Screen-Sabbath abzuhalten - einen Tag ohne Bildschirm. Oder mich zu fragen, ob ich wirklich alle Leute, denen ich auf Twitter folge, Platz in meinem Gehirn einräumen möchte.
Wenn ich also mal zwischen 8.00 und 11.00 nicht auf Anrufe oder Mails reagiere.
Dann arbeite ich wahrscheinlich...
So die Routine, die spätestens mit meiner Selbstständigkeit immer weniger funktioniert hat. Denn je mehr Bälle in der Luft sind, desto mehr Mails gibt es zu lesen und Dinge zu besprechen. Die eigentliche Arbeit startet erst Nachmittags, wenn die Augen nur noch mit Kaffee aufbleiben.
Und abends bleibt das Gefühl, mit nichts fertig zu werden oder voran zu kommen.
In den letzten Wochen habe ich angefangen, diesen Modus immer Mal wieder umzukehren.
Und stelle fest, wie sich dann meine Produktivität erhöht und der gefühlte Stress abnimmt.
Was meine ich mit umgekehrt?
Statt morgens Mails zu schreiben oder Besprechungen zu halten, konzentriere ich mich die ersten drei Stunden des Tages auf die wichtigsten kreativen Aufgaben, die vor mir liegen: An einem Konzept schreiben, einen Blogpost formulieren, eine Idee skizzieren, eine Geschichte weiterdenken.
All diese Dinge gehen mir Morgens leichter von der Hand. Vor allem wenn ich mir für die Aufgaben einen konkreten Zeitrahmen stecke ("Darum kümmere ich mich jetzt, ohne Unterbrechung, 60 Minuten").
Langsam entwickelt sich daraus eine Art kreative Routine. Sie beginnt gegen 8.00 Uhr mit 20 Minuten Tagebuch. Dann folgt die Auswahl der Aufgaben, die ich an diesem Tag angehen möchte, von meinem Trello-Canban Board. Schließlich widme ich mich zwei mal 60 Minuten einer bis zwei wichtigen kreativen Aufgaben. Das klappt natürlich nicht jeden Tag. Doch ich bemühe mich darum, diesen Raum zu verteidigen.
Denn früher habe ich meine produktivste Zeit den Prioritäten anderer geopfert. Heute möchte ich den Morgen nach meinen Prioritäten nutzen. Um 11.00 Uhr habe ich bereits die wichtigste kreative Arbeit voran gebracht. Und das Gefühl, etwas Wichtiges geschafft zu haben, beflügelt den ganzen Tag.
Die Inspiration meinen Arbeitsmodus zu überdenken, kam übrigens aus diesem Buch "Manage you Day-to-Day: Build your Routine, find your focus & sharpen your creative mind".
Es hat mich auch mit ein paar anderen spannenden Ideen versorgt: Zum Beispiel der Idee einen Screen-Sabbath abzuhalten - einen Tag ohne Bildschirm. Oder mich zu fragen, ob ich wirklich alle Leute, denen ich auf Twitter folge, Platz in meinem Gehirn einräumen möchte.
Wenn ich also mal zwischen 8.00 und 11.00 nicht auf Anrufe oder Mails reagiere.
Dann arbeite ich wahrscheinlich...
Dienstag, 5. März 2013
Content Marketing und Storyhunger. Zwei Gründe mehr für einen strukturierten Blick auf Geschichten im Marketing.
Vor etwa einem Jahr habe ich hier diesen Blogpost geschrieben:
"Storytelling Structures - 5 Gründe warum Marketing, Werbung und Digital einen strukturierten Blick auf Geschichten braucht."
Ich freue mich, dass der Post immer noch gelesen wird - selbst wenn er mir mit dem Abstand eines Jahres ein wenig - sagen wir - verkopft erscheint. Egal! Ich bleibe immer noch dabei, dass sich Marketing viel intensiver mit den inneren Strukturen von Geschichten beschäftigen muß.
Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: "Content is King" sagt sich leichter, als bedeutungsvolle Inhalte zu produzieren.
Vor einem Jahr habe ich für mich fünf Gründe gesehen, um mich noch stärker mit Storytelling zu beschäftigen. Heute kommen zwei Gründe dazu: Unser Hunger nach Geschichten und die Möglichkeiten des Content Marketings.
1. Story-Hunger - Menschen hungern nach Geschichten. Wenn sie relevant sind.
Für mich ist es die wichtigste Beobachtung. Die treibende Anregung, um mich mit Geschichten, Storytelling und Dramaturgie zu beschäftigen: Menschen hungern nach Geschichten.
Egal wie stressig der Tag. Es bleibt immer Zeit für eine Story. In der U-Bahn, im Zug, im Fieger, am Strand, auf dem Sofa, im Wartezimmer....Bücher, Serien, Zeitungen,Webseiten, Spiele.
Menschen sind irgendwie dauernd in anderen Welten unterwegs.
Das scheint sich auch in Zukunft nicht zu ändern: Bei einer Studie über die Inhalte der Zukunft gaben die Teilnehmer an, am liebsten lang-laufenden Geschichten folgen zu wollen. Und in einem Blog habe ich neulich gelesen, die durchschnittliche Sehdauer von Online Videos läge bei 6 Minuten (Kennt jemand eine Studie mit besseren Zahlen?).
Selbst wenn wir träumen, träumen wir in Geschichten. In ziemlich verrücken manchmal.
Für Jonathan Gottschall sind wir deshalb "Storytelling Animals". In seinem gleichnamigen Buch, fragt er sich, woher die Magie von Geschichten kommt. Fast 1/3 unserer Lebenszeit verbringen wir in Phatasiewelten, ist dort zu lesen.
Neurowissenschaften, Psychologie und Evolutionstheorie zerbrechen sich den Kopf darüber, was Geschichten so unwiderstehlich macht. Irgendwie scheint narratives Denken in unserem Hirn fest verdrahtet zu sein. Unser Denken funktioniert in Geschichten. Geschichten helfen beim Lernen und Erinnern. Sie lassen uns die Welt verstehen. Geschichten beeinflussen unser Verhalten und nähren unsere sozialen Bindungen. Und obwohl Storytelling so alltäglich ist, wenden wir ihm kaum bewusste Aufmerksamkeit zu.
Vielleicht, weil wir Manches als Geschichte bezeichnen, was keine eine Geschichte ist. Eine Menge sogenannter Content ist eigentlich Nontent. Eine Ansammlung von bedeutungslosen Fakten. Darum mag ich das Wort "Content" nicht besonders. Es beraubt Geschichten der Emotion.
Denn erst wenn Geschichten tiefe Emotionen wecken, wenn sie Drama und Dramaturgie mitbringen, wenden wir uns ihnen wirklich zu und lassen sie unser Herz bewegen.
Den Unterschied zwischen Content und Nontent zeigt dieses (leider sehr traurige) Video deutlich.
2. Content Marketing - Oder Geschichten lohnen sich wieder.
Kaum ein Begriff boomt im Moment um mich herum so sehr wie Content Marketing. Ob Start-up, Unternehmenskunde oder befreundeter Blogger - jeder sucht nach Strategien, um die eigenen Medien-Plattformen durch die eigenen Inhalte so interessant zu gestalten, dass Nutzer sich freiwillig damit beschäftigen.
"Wegschauen, wegzappen, wegklicken - weil viele Verbraucher Reklame nervt, suchen die Unternehmen nach anderen Möglichkeiten, ihre Produkte ins rechte Licht zu rücken, ohne dabei allzu aufdringlich zu wirken", schreibt die FAZ in einem Artikel zum Content Marketing. Die Überschrift des Artikels: Lass uns Freunde werden.
Statt sich nur bei publikumsstarken Medien einzukaufen und deren Publikum mit Werbung zu bombadieren, beginnen Unternehmen eigene Geschichten zu erzählen, um ein eigenes Publikum aufzubauen. Bis 2015 sollen die Ausgaben für Owned Media um 4,5 Milliarden Euro steigen, zitiert die FAZ die Unternehmensberatung McKinsey. Bei bezahlten Werbeplätzen sollen die Ausgaben hingegen nur um 0,7 Milliarden Euro steigen. Vielleicht ein Grund, warum die FAZ Content Marketing eher kritisch sieht. Wenn Unternehmen ihre eigenen Inhalte verlegen statt Werbeplätze zu kaufen, kratzen sie weiter an der schrumpfenden Finanzierungsgrundlage der klassischen Medien.
Red Bull Stratos. Coca-Cola.com mit Magazin-Charakter. Eine online TV-Show für Fieberglas DSL. Mercedes TV. Telekom Geschäftskundenmagazin. Praktikanten-Videotagebuch für neue Bewerber. Die Ansätze, um selbstproduzierte Inhalte für das Marketing zu nutzen, sind so vielfältig wie die Budgets, Zielgruppen und Zielsetzungen. Auch in Channes werden Löwen für Content-Formate vergeben.
Während bezahlte Werbung (Paid Media) zumeist auf Aufmerksamkeitsmaximierung ausgerichtet ist, zielen Content-Strategien darauf:
Die gesamte Analytics-Klaviatur des Online Marketings lässt sich auf Inhalte anwenden. Dementsprechend strategisch lässt sich vorgehen, um Inhalte auf relevante Keywords der Zielgruppe hin zu entwickeln.
Über die Qualität der Inhalte sagt jeder strategische Gedanke erstmal nicht viel aus. Nur steigt der Druck gute Inhalte zu produzieren kontinuierlich. Webseite, Facebook-Seite, Twitter-Account, Pinterest-Board, Instagram... Die Plattformen wollen gefüllt werden. Auch die Konkurrenz durch die Posts anderer Unternehmen nimmt stetig zu. Infografiken, Bilder, die immer gleichen Gewinnspiel-Mechaniken werden sich sicher genauso abnutzen, wie sich Inhaltsformate in anderen Medien durch Wiederholung abnutzen. Wer will heute noch Big Brother sehen?
Von der andere Seite berücksichtigen Suchmaschinen immer mehr das individuelle Suchverhalten jedes einzelnen Nutzers sowie die Inhalte, die von seinem persönliches Netzwerk empfohlen werden. "Welche Freunde meiner Freunde mögen Fußball" lässt sich mit Graph-Search von Facebook fragen. Google durchsucht Twitter und Google+ nach den beliebtesten Quellen. Die Bewertung von Inhalten wird sich in Suchmaschinen verbessern, je mehr Interesse sie meinem persönlichen Netzwerk auslösen.
Content Marketing mit dem Herausballern von suchmaschinen-optimierten Texte zu verwechseln, macht mir daher den gleichen Bauchschmerz, wie Social Media mit iPad-Verlosungen zu verwechseln. Kurzfristig lassen sich sicher Erfolge feiern. Langfristig wird es irrelevant.
Letztlich geht es um mehr, als nur schnelle Klicks: Es geht um einen Kulturwandel:
In seinem Buch Story-Wars (derzeit im Wettbewerb um das beste Marketingbuch 2012) beschreibt Jonah Sachs, dass mit der Digitalisierung der Übergang von der Kultur der Massenmedien hin zu einer digitoralen Kultur einhergehe.
Der Begriff ist eine Wortschöpfung aus oraler Kultur und Digitalität. In oralen Kulturen überlebten nur die Geschichten, die von Lagerfeuer zu Lagerfeuer weitererzählt wurden. Das Netz erlaubt die sekundenschnelle, weltweite Verbreitung von Geschichten von einem virtuellen Lagerfeuer zum nächsten. Die kulturgebende Macht der Massenmedien werde ausgehebelt und damit auch die auf ihr reitenden Marketing-Botschaften.
Das Ergebnis ist für Sachs eine Welt in der es kein ein Verteilungskampf um Aufmerksamkeit stattfindet. Vielmehr entwickelt sich ein Kampf um Bedeutung. Um die Geschichten, die sich in dieser digitoralen Kultur durchsetzen, Bedeutung entfalten, verteilt werden.
Eine Welt in der ein Sprung aus der Stratosphäre zum weltweiten Ereignis eines Limonadenherstellers werden kann. Eine Welt in der eine Bibliothek mit der Ankündigung einer Bücherverbrennung eine Welle gegen die mächtige Tea Party lostreten kann.
Book Burning Party - Troy Library from Leo Burnett Detroit on Vimeo.
Eine Welt in der laut des Medien-Professor Henry Jenkins gilt:
"If it doesn't spread, it is dead."
Grund genug einen genauen Blick auf das Storytelling zu werfen. Es geht mir und Three-Headed Monkeys darum genau hinzusehen, wie Menschen Inhalte erleben und dramaturgische Mittel und Techniken zu nutzen, um emotionale Wirkung zu erzeugen.
Gutes storytelling wird lebenswichtig. Denn im Internet konkurrieren Unternehmens-Stories direkt mit Hollywood, Blockbuster Games und allen Geschichten, die meine Freunde erzählen.
"Storytelling Structures - 5 Gründe warum Marketing, Werbung und Digital einen strukturierten Blick auf Geschichten braucht."
Ich freue mich, dass der Post immer noch gelesen wird - selbst wenn er mir mit dem Abstand eines Jahres ein wenig - sagen wir - verkopft erscheint. Egal! Ich bleibe immer noch dabei, dass sich Marketing viel intensiver mit den inneren Strukturen von Geschichten beschäftigen muß.
Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: "Content is King" sagt sich leichter, als bedeutungsvolle Inhalte zu produzieren.
Vor einem Jahr habe ich für mich fünf Gründe gesehen, um mich noch stärker mit Storytelling zu beschäftigen. Heute kommen zwei Gründe dazu: Unser Hunger nach Geschichten und die Möglichkeiten des Content Marketings.
1. Story-Hunger - Menschen hungern nach Geschichten. Wenn sie relevant sind.
Für mich ist es die wichtigste Beobachtung. Die treibende Anregung, um mich mit Geschichten, Storytelling und Dramaturgie zu beschäftigen: Menschen hungern nach Geschichten.
Egal wie stressig der Tag. Es bleibt immer Zeit für eine Story. In der U-Bahn, im Zug, im Fieger, am Strand, auf dem Sofa, im Wartezimmer....Bücher, Serien, Zeitungen,Webseiten, Spiele.
Menschen sind irgendwie dauernd in anderen Welten unterwegs.
Das scheint sich auch in Zukunft nicht zu ändern: Bei einer Studie über die Inhalte der Zukunft gaben die Teilnehmer an, am liebsten lang-laufenden Geschichten folgen zu wollen. Und in einem Blog habe ich neulich gelesen, die durchschnittliche Sehdauer von Online Videos läge bei 6 Minuten (Kennt jemand eine Studie mit besseren Zahlen?).
Selbst wenn wir träumen, träumen wir in Geschichten. In ziemlich verrücken manchmal.
Für Jonathan Gottschall sind wir deshalb "Storytelling Animals". In seinem gleichnamigen Buch, fragt er sich, woher die Magie von Geschichten kommt. Fast 1/3 unserer Lebenszeit verbringen wir in Phatasiewelten, ist dort zu lesen.
Neurowissenschaften, Psychologie und Evolutionstheorie zerbrechen sich den Kopf darüber, was Geschichten so unwiderstehlich macht. Irgendwie scheint narratives Denken in unserem Hirn fest verdrahtet zu sein. Unser Denken funktioniert in Geschichten. Geschichten helfen beim Lernen und Erinnern. Sie lassen uns die Welt verstehen. Geschichten beeinflussen unser Verhalten und nähren unsere sozialen Bindungen. Und obwohl Storytelling so alltäglich ist, wenden wir ihm kaum bewusste Aufmerksamkeit zu.
Vielleicht, weil wir Manches als Geschichte bezeichnen, was keine eine Geschichte ist. Eine Menge sogenannter Content ist eigentlich Nontent. Eine Ansammlung von bedeutungslosen Fakten. Darum mag ich das Wort "Content" nicht besonders. Es beraubt Geschichten der Emotion.
Denn erst wenn Geschichten tiefe Emotionen wecken, wenn sie Drama und Dramaturgie mitbringen, wenden wir uns ihnen wirklich zu und lassen sie unser Herz bewegen.
Den Unterschied zwischen Content und Nontent zeigt dieses (leider sehr traurige) Video deutlich.
2. Content Marketing - Oder Geschichten lohnen sich wieder.
Kaum ein Begriff boomt im Moment um mich herum so sehr wie Content Marketing. Ob Start-up, Unternehmenskunde oder befreundeter Blogger - jeder sucht nach Strategien, um die eigenen Medien-Plattformen durch die eigenen Inhalte so interessant zu gestalten, dass Nutzer sich freiwillig damit beschäftigen.
"Wegschauen, wegzappen, wegklicken - weil viele Verbraucher Reklame nervt, suchen die Unternehmen nach anderen Möglichkeiten, ihre Produkte ins rechte Licht zu rücken, ohne dabei allzu aufdringlich zu wirken", schreibt die FAZ in einem Artikel zum Content Marketing. Die Überschrift des Artikels: Lass uns Freunde werden.
Statt sich nur bei publikumsstarken Medien einzukaufen und deren Publikum mit Werbung zu bombadieren, beginnen Unternehmen eigene Geschichten zu erzählen, um ein eigenes Publikum aufzubauen. Bis 2015 sollen die Ausgaben für Owned Media um 4,5 Milliarden Euro steigen, zitiert die FAZ die Unternehmensberatung McKinsey. Bei bezahlten Werbeplätzen sollen die Ausgaben hingegen nur um 0,7 Milliarden Euro steigen. Vielleicht ein Grund, warum die FAZ Content Marketing eher kritisch sieht. Wenn Unternehmen ihre eigenen Inhalte verlegen statt Werbeplätze zu kaufen, kratzen sie weiter an der schrumpfenden Finanzierungsgrundlage der klassischen Medien.
Red Bull Stratos. Coca-Cola.com mit Magazin-Charakter. Eine online TV-Show für Fieberglas DSL. Mercedes TV. Telekom Geschäftskundenmagazin. Praktikanten-Videotagebuch für neue Bewerber. Die Ansätze, um selbstproduzierte Inhalte für das Marketing zu nutzen, sind so vielfältig wie die Budgets, Zielgruppen und Zielsetzungen. Auch in Channes werden Löwen für Content-Formate vergeben.
Während bezahlte Werbung (Paid Media) zumeist auf Aufmerksamkeitsmaximierung ausgerichtet ist, zielen Content-Strategien darauf:
- ein eigenes Publikum aufzubauen, zu fesseln und zu überzeugen.
- kurzfristige Werbe-Aufmerksamkeit in langfristiges Interesse, Engagement, Begeisterung, Vertrauen und Loyalität zu verwandeln.
- Produkte und Dienstleistungen überzeugend zu erklären; vor allem wenn sie komplizierter sind und nicht in eine kurze Werbebotschaft passen.
- Menschen zu animieren, sich länger und öfter mit dem Unternehmen und seinen Themen zu beschäftigen.
- Hilfestellungen und Anregungen zum Umgang mit Produkten und Dienstleistungen zu geben.
- Interessenten anzuregen, mit dem Unternehmen in Dialog zu treten und bestenfalls dessen Inhalte mit anderen zu teilen, um andere aufmerksam zu machen.
- In den Suchanfragen potentieller Kunden zu den Themen, Schlüsselwörtern und Geschichten, die sie interessieren aufzutauchen - oder neue Themen und Keywords zu prägen.
"Measure YouTube views? Your employees will strive for more and more views. Measure downloads of a product? You'll get more of that. But if your actual goal is to boost sales or acquire members, better measures might be return-on-investment (ROI), on-site conversion, or retention. Do people who download the product keep using it, or share it with others? If not, all the downloads in the world won't help your business."Im besten Fall sieht man entlang der Daten, welche Inhalte zu einer Conversion geführt haben.
(Jeff Bladt and Bob Filbi: Know the Difference Between Your Data and Your Metrics, HBR blog. )
Die gesamte Analytics-Klaviatur des Online Marketings lässt sich auf Inhalte anwenden. Dementsprechend strategisch lässt sich vorgehen, um Inhalte auf relevante Keywords der Zielgruppe hin zu entwickeln.
Über die Qualität der Inhalte sagt jeder strategische Gedanke erstmal nicht viel aus. Nur steigt der Druck gute Inhalte zu produzieren kontinuierlich. Webseite, Facebook-Seite, Twitter-Account, Pinterest-Board, Instagram... Die Plattformen wollen gefüllt werden. Auch die Konkurrenz durch die Posts anderer Unternehmen nimmt stetig zu. Infografiken, Bilder, die immer gleichen Gewinnspiel-Mechaniken werden sich sicher genauso abnutzen, wie sich Inhaltsformate in anderen Medien durch Wiederholung abnutzen. Wer will heute noch Big Brother sehen?
Von der andere Seite berücksichtigen Suchmaschinen immer mehr das individuelle Suchverhalten jedes einzelnen Nutzers sowie die Inhalte, die von seinem persönliches Netzwerk empfohlen werden. "Welche Freunde meiner Freunde mögen Fußball" lässt sich mit Graph-Search von Facebook fragen. Google durchsucht Twitter und Google+ nach den beliebtesten Quellen. Die Bewertung von Inhalten wird sich in Suchmaschinen verbessern, je mehr Interesse sie meinem persönlichen Netzwerk auslösen.
Content Marketing mit dem Herausballern von suchmaschinen-optimierten Texte zu verwechseln, macht mir daher den gleichen Bauchschmerz, wie Social Media mit iPad-Verlosungen zu verwechseln. Kurzfristig lassen sich sicher Erfolge feiern. Langfristig wird es irrelevant.
Letztlich geht es um mehr, als nur schnelle Klicks: Es geht um einen Kulturwandel:
In seinem Buch Story-Wars (derzeit im Wettbewerb um das beste Marketingbuch 2012) beschreibt Jonah Sachs, dass mit der Digitalisierung der Übergang von der Kultur der Massenmedien hin zu einer digitoralen Kultur einhergehe.
Der Begriff ist eine Wortschöpfung aus oraler Kultur und Digitalität. In oralen Kulturen überlebten nur die Geschichten, die von Lagerfeuer zu Lagerfeuer weitererzählt wurden. Das Netz erlaubt die sekundenschnelle, weltweite Verbreitung von Geschichten von einem virtuellen Lagerfeuer zum nächsten. Die kulturgebende Macht der Massenmedien werde ausgehebelt und damit auch die auf ihr reitenden Marketing-Botschaften.
Das Ergebnis ist für Sachs eine Welt in der es kein ein Verteilungskampf um Aufmerksamkeit stattfindet. Vielmehr entwickelt sich ein Kampf um Bedeutung. Um die Geschichten, die sich in dieser digitoralen Kultur durchsetzen, Bedeutung entfalten, verteilt werden.
Eine Welt in der ein Sprung aus der Stratosphäre zum weltweiten Ereignis eines Limonadenherstellers werden kann. Eine Welt in der eine Bibliothek mit der Ankündigung einer Bücherverbrennung eine Welle gegen die mächtige Tea Party lostreten kann.
Book Burning Party - Troy Library from Leo Burnett Detroit on Vimeo.
Eine Welt in der laut des Medien-Professor Henry Jenkins gilt:
"If it doesn't spread, it is dead."
Grund genug einen genauen Blick auf das Storytelling zu werfen. Es geht mir und Three-Headed Monkeys darum genau hinzusehen, wie Menschen Inhalte erleben und dramaturgische Mittel und Techniken zu nutzen, um emotionale Wirkung zu erzeugen.
Gutes storytelling wird lebenswichtig. Denn im Internet konkurrieren Unternehmens-Stories direkt mit Hollywood, Blockbuster Games und allen Geschichten, die meine Freunde erzählen.
Mittwoch, 27. Februar 2013
Drama Baby! Unser Content Workshop auf der Social Media Week.
Letzte Woche haben Valentin, unsere Praktikantin Julia und ich einen Storytelling und Content-Development Workshop auf der Social Media Week in Hamburg gehalten.
Dabei haben wir uns im Vorfeld zwei ehrgeizige Ziele gesetzt:
Ziel 1: Ein Workshop zum Mitmachen, ohne Beamer und Power-Point.
Denn selber machen, ist cooler als zuhören. Und wir haben die Erfahrung gemacht: Es fällt leichter, über digitale Themen nachzudenken, wenn man sich ab und zu vom Screen löst. Stichwort: Paper-Prototyping. Und den Leuten scheint es gefallen zu haben. Zumindest den Fotos nach ;-)
Ziel 2: Ein Workshop, der sich auf den kreativen Teil des Content-Developments konzentriert.
Content Marketing, Content Strategy und Storytelling sind gerade ordentlich gehypte Schlagwörter im Digital Marketing. Unter der Überschrift "Lass uns Freunde werden" schrieb die FAZ kürzlich darüber, dass Marken vermehrt auf Inhalte setzen und anfangen wie Verlage zu handeln, statt wie Werbetreibende.
Und besonders die eigene Facebook-Seite schreit permanent nach neuen Inhalten. Doch "Content is King" sagt sich so einfach. Nur woher nehmen diesen verdammten Content. Klar gibt es Daumenregeln: Fotos funktionieren gut. Fragen auch, Infografiken, Tipps und iPads verlosen sowieso.
Nur wird das nicht irgendwann langweilig? Kann man nicht was langfristigeres erzählen?
Passt das überhaupt zur Marke? Und ist das wirklich interessant für ein Publikum?
Das waren unsere Ausgangsfragen für den Workshop. Am Beispiel der Brauerei Ratsherrn* haben wir einen anderen kreativen Weg zum Inhalt ausprobiert. Einen Weg der sich an Techniken aus dem Storytelling orientiert.
Mit einem neuen emphatischen Verständnis für den Nutzer und mit Techniken aus der Dramaturgie ausgestattet, haben die Teilnehmer in 120Minuten ganz individuelle und authentische Inhalte für Ratsherren-Facebook-Seite entworfen. Inhalte, die über viele Posts hinweg eine eigene Geschichte erzählten. Axel von Ratsherrn, die sich sofort bereit erklärt hatte, als Case Study dabei zu sein (DANKE dafür!), war ganz begeistert.
Wer nun wissen will was im Detail passiert ist: Julia hat auf dem Three-Headed Monkeys Blog über den Workshop im Detail geschrieben.
Das Feedback der Teilnehmer war auch mächtig gut. Daher haben wir uns entschlossen, den Workshop weiterhin anzubieten. Wer also weiß, dass er Inhalte für sein Unternehmen braucht - aber keine Ahnung, wie dieser Content aussehen könnte....Einfach mal durchklicken.
Dabei haben wir uns im Vorfeld zwei ehrgeizige Ziele gesetzt:
Ziel 1: Ein Workshop zum Mitmachen, ohne Beamer und Power-Point.
Denn selber machen, ist cooler als zuhören. Und wir haben die Erfahrung gemacht: Es fällt leichter, über digitale Themen nachzudenken, wenn man sich ab und zu vom Screen löst. Stichwort: Paper-Prototyping. Und den Leuten scheint es gefallen zu haben. Zumindest den Fotos nach ;-)
Ziel 2: Ein Workshop, der sich auf den kreativen Teil des Content-Developments konzentriert.
Content Marketing, Content Strategy und Storytelling sind gerade ordentlich gehypte Schlagwörter im Digital Marketing. Unter der Überschrift "Lass uns Freunde werden" schrieb die FAZ kürzlich darüber, dass Marken vermehrt auf Inhalte setzen und anfangen wie Verlage zu handeln, statt wie Werbetreibende.
Und besonders die eigene Facebook-Seite schreit permanent nach neuen Inhalten. Doch "Content is King" sagt sich so einfach. Nur woher nehmen diesen verdammten Content. Klar gibt es Daumenregeln: Fotos funktionieren gut. Fragen auch, Infografiken, Tipps und iPads verlosen sowieso.
Nur wird das nicht irgendwann langweilig? Kann man nicht was langfristigeres erzählen?
Passt das überhaupt zur Marke? Und ist das wirklich interessant für ein Publikum?
Das waren unsere Ausgangsfragen für den Workshop. Am Beispiel der Brauerei Ratsherrn* haben wir einen anderen kreativen Weg zum Inhalt ausprobiert. Einen Weg der sich an Techniken aus dem Storytelling orientiert.
Mit einem neuen emphatischen Verständnis für den Nutzer und mit Techniken aus der Dramaturgie ausgestattet, haben die Teilnehmer in 120Minuten ganz individuelle und authentische Inhalte für Ratsherren-Facebook-Seite entworfen. Inhalte, die über viele Posts hinweg eine eigene Geschichte erzählten. Axel von Ratsherrn, die sich sofort bereit erklärt hatte, als Case Study dabei zu sein (DANKE dafür!), war ganz begeistert.
Wer nun wissen will was im Detail passiert ist: Julia hat auf dem Three-Headed Monkeys Blog über den Workshop im Detail geschrieben.
Das Feedback der Teilnehmer war auch mächtig gut. Daher haben wir uns entschlossen, den Workshop weiterhin anzubieten. Wer also weiß, dass er Inhalte für sein Unternehmen braucht - aber keine Ahnung, wie dieser Content aussehen könnte....Einfach mal durchklicken.
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