Eigentlich wollte ich von der re:publica live bloggen. Das hat technisch nicht geklappt. Also kommt der erste Konferenzpost etwas zeitversetzt, mit dem ich über mein medienkulturelles Hauptinteresse auf der Konferenz berichte: Wie ändert sich eigentlich die Weitergabe von Wissen über die digitale Vernetzung? Und da war der Knowledge Management Vortrag von IBM am Mittwoch ein guter Start.
Social everywhere
- wie das Web 2.0 die Unternehmen erobert
Gleich zu Beginn seines Vortrages über Unternehmens Wissensmanagement durch Web 2.0 Technologiesn hat Dr. Peter Schütt, Leiter Software Strategie und Wissensmanagement bei Lotus, einen Klimawandel im Saal verlangt: Die Laptops sollten offen bleiben. Er erwarte, dass das Publikum der Republica in der Lage sei, selektiv zuzuhören. Es sei nämliche eine Schande, dass in Meetings verlangt werde, offline zu gehen. Denn oft genug, könne man die Zeit auch produktiver nutzen oder direkt aus der Besprechung heraus Kontakt mit einem Experten aufzunehmen.
Denn heute wie gestern gilt: Der schnelle Zugriff auf das Wissen der Mitarbeiter ist der Schlüssel zum Unternehmenserfolg. Arbeiten sei heute hauptsächlich zeitkritisches Problemlösen. Aber niemand ist in der Lage alle Probleme schnell und selbstständig zu lösen. Deshalb ist die wichtigste Kernkompetenz eines Mitarbeiters, die Fähigkeit schnell das nötige Lösungswissen anzueignen.
Diese Erkenntnis ist nicht neu. Allerdings wurde bis in die 90er Jahre Wissensmanagment oft nur als Datenbank gesehen in der Dokumente verstaubten. Das Hauptproblem dabei war, dass und der Content oft langweilig geschrieben und schlecht indiziert wurde und nicht der sozialen Praxis entsprach, wie Mitarbeiter im täglichen Leben Probleme lösen. Im Tagesgeschäft verlassen sich Mitarbeiter nämlich eher auf ihr soziales Netzwerk im Unternehmen (auf den Kollegen am Nachbartisch), als auf eine Datenbank, in der sie lange suchen müssen. Es ist schließlich immer schneller, jemanden zu fragen, der sich auskennt, als im stillen Kämmerlein ewige Recherchen durchzuführen.
Aber genau dieses Suchverhalten ist für Unternehmen kritisch. Bisher tauschen Mitarbeiter Dokumente und Erfahrungen meistens per Mail aus, ohne dass Mitarbeiter von diesem Wissenstransfer etwas mitbekommen oder die ausgetauschten Dokumente in einer Suchmaschine indiziert werden können. Wissen geht verloren und wird unnötig wiederholt.
Deshalb betrachtet IBM den Menschen als ganzheitlichen Wissensträger. Wenn möglich sollen alle Denkprozesse mit Web 2.0 Technologien transparent und suchbar gemacht werden. Mitarbeiterblogs seien ein guter Start. Bei IBM hat jeder der über 300.000 Mitarbeitern die Möglichkeit einen Blog zu führen. Etwa 60.000 Mitarbeiter schreiben heute aktiv. Peter Schütt selbst hat eine Regel für seinen Blog: Wann immer ihm zwei Kollegen die gleiche Frage stellen, schreibt er einen Artikel. "So vermeide, dass ich die Frage noch dreimal beantworten muss", sagt Schütt. Microblogging sei die nächste logische Stufe, um den schnellen Austausch in Team zu sichern, die räumlich getrennt arbeiten und sich nicht mehr in der Kaffeeküche begegnen können.
Dadurch, dass alle Wissensprozesse transparent werden, findet derjenige, der ein Problem zu lösen hat, in jedem Fall schneller einen Ansprechpartner. Und sogar die Suche nach Hilfe lässt sich automatisieren. Zum Beispiel kann in CRM Software heute schon zu Kundenfragen immer einen Experten angezeigt, den der Kundenberater direkt ansprechen kann, um dem Kunden schnell die beste Antwort zu geben. Eine IBM interne Studie habe sogar gezeigt, dass hochvernetzte Teams etwa zweimal so Umsatzstark sind, wie weniger vernetzt arbeitende Teams.
In seinem abschließenden Ausblick hat Schütt eher kryptisch den nächsten Schritt des Wissensmanagement beschrieben: Unternehmen sollen dann auch das Wissen von Kunden integrieren. Das sei vor allem für das Marketing interessant. Wie das genau funktionieren soll, konnte er aber auch nicht darlegen.
Um die Veränderungen des Arbeitens durchzusetzen, setzt Schütt auf die Avandgarde der Republica Besucher. Sie müssten den Technikverängstigten die Furcht nehmen und ihnen deutlich machen, was groß auf einer der letzten Folie stand: "Yes, Blog, Bookmarks and social Networks can be good for your career".
Auf eine Frage fand Schütt allerdings keine Antwort: Wie schult man die intelligente Ansprache von Experten? Anderenfalls droht eine Mentalität, in der reflexmässig jemand anderes gefragt wird, ohne selber nachzudenken. Denn das könnte dazu führen, dass alle Problemlöser miteinander reden und dabei vergessen ihre Probleme zu lösen.
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