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Donnerstag, 26. März 2009

Audience is King. Eine Polemik.

Der ersten Eintrag beginnt mit einer mutigen Polemik.

HIERMIT streiche ich die Phrase "Content is King" aus meinem Sprachschatz!

Auch wenn 480.000 Google Hits gegen mich sprechen.

Ich behaupte der Satz ist eine Selbstschutzbehauptung von Verlegern, Journalisten und Werbern, die sich selbst als Königsmacher stilisieren, weil sie Vielfältigkeit der Mediennutzung seit der Digitalisierung nicht mehr verstehen.

Das Neue ist gar nicht neu. Schon vor der Digitalisierung galt: Inhalt und Medium (also das Interface zu diesem Inhalt) sind in der Wahrnehmung des Nutzer untrennbar verbunden. Oder einfacher gesagt: Wenn ich Herr der Ringe lese oder vorgelesen bekomme, bleibt der Inhalt zwar wortwörtlich gleich, aber das Erlebnis verändert sich - weil sich das "Interface" verändert.









(Selber Lesen vs. Vorlesen. Gleicher Inhalt. Anderes Interface. Anderes Erleben)


Zwei weitere Beispiele:
1. Der Film Blade Runner war für mich im Kino atemberaubend, im Fernseher ermüdend, auf dem Laptop einschläfernd, auf dem iPhone nicht zu erkennen.

2. Nicht die Inhalte haben das iPhone für mich besonders gemacht, sondern das Design. Mit der Multitouch-Oberfläche ist nicht nur der Zugriff auf bestehende Inhalte interessanter geworden. Sie hat auch eigene Inhaltskonzepte wie das Spiel Topple erst möglich gemacht.

Ich glaube, der Schrecken der Digitalisierung (wie viele Medientreibende in TV, Print, Kino und Musik ihn gerade empfinden) liegt daran, dass sie plötzlich mit anderen Medienerlebnissen (im Web, im Videospiel, bei mobilen Anwendungen) konkurrieren müssen und nicht verstehen, was die Leute daran so reizt. Die Erlebnisqualität ist noch nicht verstanden und deshalb so schwer prognostizierbar. Es macht daher Sinn, die Nutzer und ihre Erlebnisse genau unter die Lupe zu nehmen.

Kurzes Zwischenfazit:
Es sind die Nutzer, die entscheiden, ob ein Medienerlebnis befriedigend ist.
Kein Nutzer betrachtet Inhalt, Technik oder Interface getrennt. Für den Nutzer zählt nur das Medienerlebnis. Medienerlebniss entstehen aus der Symbiose von aktiven Nutzerinteresse, dem Interface und dem Inhalt.

Doch Halt! Kein Nutzer ist ein autonomes, völlig selbstbestimmtes Wesen. Sein Erleben ist auch abhängig von seinen Erwartungen. Erwartungen die aus vielen Facetten gespeist werden. Hier kommt sowohl das Marketing ins Spiel, dass Erwartungen anheizt, sowie die sozialen und räumlichen Kontexte in dem sich der Nutzer befindet.

Das Medienerlebnis KINO ist zum Beispiel mehr als der Film. Es beginnt beim Kauf der Karte, umfasst den Saal, den Ton, die Leute, die Begleitung, die Vorerwartungen, das Popkorn.

Das Medienerlebnis MUSIK ist mehr als ein Song. Es umfasst die Stimmung in der sich der Hörer befindet, den Raum, die Akkustik, die Begleitung....

Und damit sind wir wieder bei meiner Ausgangsfrage: Wie lassen sich Inhalt, Technik, Interface, Zielgruppe, Publikum und Marketing integriert denken und das digitale Chaos lüften?

Die neue Perspektive

Wenn die Integration dieser Aspekte immer im Medienerlebnis des Publikums mündet, ist mein erster Schritt, die Sichtweise zu ändern und (zumindest vorerst) einen neuen König auszurufen:

"Audience is King".


(Audience is King: Das Erlebnis passiert ist nicht vor sondern hinter der Brille.)

Damit stehe ich nicht alleine da. Immerhin 5000 Google-Hits sind auf meiner Seite.

Doch dieser neue König stellt Forderungen:

Er zwingt uns Medienmacher vom hohen Roß zu steigen. Wir dürfen den Nutzer nicht länger als Konsumenten, zu sehen, der jeden Inhalt blindlinks schluckt - sondern als einen Kunden, dem man etwas bieten muss.

Er zwingt uns den Menschen und seine Kontexte zu betrachten. Einen Menschen, der aktiv, freiwillig und individuell mit seiner geschenkten Aufmerksamkeit ein persönliches Medienereignis schafft. Wir haben keine Zielgruppe vor uns. Sondern ein aktives, bewegliches und entscheidungsfreudiges Publikum mit einer klaren Prämisse: Wer kein Erlebnis anzubieten hat, fliegt über kurz oder lang aus der Medienwahrnehmung heraus. Denn anders als früher haben Nutzer heute unendlich viele Alternativen.

Wir können uns die Aufmerksamkeit, die wir brauchen, also nicht kaufen - wir müssen sie verdienen.

Darum sollten wir nicht länger fragen "Was die Medien oder die Werbung mit den Menschen macht" - sondern "Was machen die Menschen mit den Medien und der Werbung?; Was treibt sie an?; Was erwarten sie von ihrem Erlebnis? Wie können wir ihnen etwas bedeutendes bieten?"

Das Video von Amanda Mooney bringt es zumindest für Markenkommunikation den Punkt (aber letztlich gilt es wahrscheinlich für jedes Produkt).



Wir müssen wieder lernen, zuzuhören. Wir müssen verstehen lernen und Emphatie beweisen. Dann gewinnen wir vielleicht die Einsichten, die wir brauchen, um neue starke Medien und Markenerlebnisse zu schaffen.

Los gehts!

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