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Mittwoch, 22. April 2009

Engagement Marketing als "In-Life Product Placement"




















Das Buzz-Word "Engagement-Marketing" beschreibt Vermarktungsstrategien, die auf die Partizipation des Konsumenten setzen. Derzeit wird es oft als Antwort auf den Medienwandel des Web 2.0 gebraucht. Scholtz und Friends hat dem Engagment als Reaktion auf Konsumenten, die aktiv Inhalte produzieren, sich vernetzen und diskutieren, sogar einen eigenen Youtube Film gewidmet.



Jedoch fällt es Marketeers noch immer schwer, sich selbst und ihren Kunden die Bedeutung und Folgen des neuen Credos verständlich zu machen. Schließlich kann Engagement nicht nur bedeutet, Konsumenten permanent zu unentgeldlichen Videouploads oder Kreativaufgaben á la Bild Dir deine Werbung aufzufordern. Engagement Marketing soll vielmehr Konsumenten motivieren, sich aktiv mit Marken auseinandersetzen und sie selbstständig in kreativer Weise in ihrem Netzwerk propagieren.

Um das zu verdeutlichen, möchte ich hier eine Analogie vorstellen. Ich glaube sie hilft, den Begriff Engagement mit mehr Leben zu füllen.

Die Idee kam mir beim Aufräumen, als ich über meine mittlerweile fast fünf Jahre alte Magisterarbeit stolperte. Damals habe ich über Produktplacement in Computerspielen geschrieben. Aus egomaner Sentimentalität blätterte ich durch die Seiten und blieb mit dem Blick auf folgendem Absatz über Product-Placements in Film und TV hängen:

"Den Grad der Einflussnahme auf das Drehbuch unterscheiden Kloss und Bente in die
Zurverfügungstellung von Produkten ohne weitere Auflagen über die ledigliche
Einbindung des Produktes als austauschbare Requisite (On-Set-Placement) bis hin zur
Integration des Produktes in die Handlung bzw. der Abstimmung einer Handlung auf das
Produkt (Creative Placement) (vgl. Kloss 2000:424, Bente 1990:33). "

Aber was hat dieser Absatz jetzt mit Engagement Marketing zu tun?

Zunächst einmal beschreibt er, in welcher Tiefe ein Produkt oder eine Marke in die Handlung eines Films integriert werden können. Auf der untersten Ebene steht das schlichte Auftauchen von Produkten und Marken im Bild. Dem kann heute kein Regisseur entkommen (Science Fiction oder Historienstreifen ausgeklammert), denn unsere Umwelt besteht aus Markenartikeln und damit auch die meisten Requisiten.
Mehr noch: Das bei den öffentlich rechtlichen Sendern so beliebte Abkleben von Logos und Werbeplakaten macht einen Film für den Zuschauer sogar unrealistisch, da die gezeigte Welt seiner Lebenswelt aus Logos widerspricht.

Doch wie im echten Leben wird Marken, die nur als Kulisse auftauchen, kaum Beachtung geschenkt. Je enger hingegen das Product Placement in die Handlung verwoben wird, desto höher ist dessen Relevanz beim Publikum. Man denke nur an den Aston Martin von James Bond. An die Wagen der Bösewichter erinnert sich niemand.

Bei jedem professionellen Product Placement, das man durchaus auch kritisch sehen muss (-> Gute Doku auf Youtube),haben zuvor Verhandlungen zwischen Marketingleuten und dem Regisseur stattgefunden.
In diesen Gesprächen müssen zwei Interessen in Ausgleich gebracht werden: Der Regisseur will möglichst wenig Gestaltungsfreiheit aufgeben und seinen Film umsetzen. Die Marketeers bieten entweder Geld oder noch besser ein Produkt, dass den Film des Regisseurs berreichtert, und streiten dann für eine bestmögliche Inszenierung ihrer Marke.
Am Ende gibt es meist einen Deal: Der Regisseur benutzt die Marke, um damit seinen Film zu gestalten. Die Marketingentscheider haben im Gegenzug etwas Kontrolle abgegeben. Schließlich ist es keine Werbefilmproduktion bei der sie das letzte Wort haben. Als Product Placement sind sie lediglich "gut platziertes Beiwerk".
Und so wird der Aston Martin von James Bond stilecht filettiert, auch weil plumpes Product Placement die Illusion des Zuschauers stört. Es sei denn es ist Satire, wie in Waynes World.



Zur Analogie für Engagment Marketing, wird mein Verweis auf Product Placement erst dann, wenn man sich den Konsumenten als Regisseur vorstellt. Er gestaltet seinen Film, sein Leben, in vielfältigen Szenen, Episoden und Rollen vor wechselnden Zuschauern.

Wie groß sein Gestaltungswillen ist, zeigt die Explosion von User Generated Content und die Aktivität in Sozialen Netzwerken. Allerdings glaube ich nicht, dass sich der Gestaltungswille in Youtube Clips erschöpft oder gänzlich neu ist. Er war wahrscheinlich schon immer da und ist lediglich durch das Web 2.0 sichtbarer geworden.



Und genau wie der oben genannte Filmregisseur, greifen auch die Lebensregisseure auf die Produkte und Marken aus ihrer Umwelt zurück, um sich auszudrücken.
Sie betrachtet Brands aber nicht mit Ehrfurcht, sondern als Requisiten, die man sich aneignet, um eigene Geschichten zu erzählen. Und wie ein klassischer Filmregisseur nehmen sie sich manchmal eine künstlerische Freiheit im Umgang mit der Marke heraus, die Marketingabteilungen den Angstschweiß auf die Haut treibt.

Engagement Marketing heißt in dieser Analogie, das Markting nicht mit Konsumenten sondern mit Lebensregisseuren kommuniziert. Deren Gestaltungswillen lässt sich natürlich auch weiterhin in Kreativwettbewerben weiter kontrolliert nutzen. Doch viel spannender ist, wie Konsumenten Brands außerhalb definierter Marketingaktionen gebrauchen.

Im (digitalen) Alltag benutzen sie Marken und Produkte zunächst einmal so, wie sie wollen. Und ihrem künstlerischen Eigensinn kann man auf vier Arten begegnen: mit Ignoranz, mit weiteren Upload-Aktionen, mit Anwälten oder mit Verhandlungen.
Denn dort, wo man die Regisseure nicht zwingen kann, ein Produkt oder eine Marke in kontrollierter Weise zu inszenieren, kann man versuchen die Platzierung mit einem guten Angebot zu verbessern. Ein Angebot, dass Lebensregisseure dazu bewegt, ein "In-Life Product Placement" tief in die Handlung und die Szenen des eigenen Films einzuweben.

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