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Dienstag, 14. April 2009

Der Publikumsvertrag - Zum Verhältnis von Produzenten und Publikum

Ich habe über Ostern das Buch "Der Publikumsvertrag" des Dramaturgen und Drehbuchcoaches Roland Zag gelesen. Es wurde mir gleich von mehreren Seiten empfohlen, wenn man sich für Storytelling in Film und andere Medien interessiert.

Das Buch folgt der Grundidee, die Beziehung zwischen Produzenten und Publikum nicht als Sender und Empfänger Modell zu betrachten, sondern als Vertragsverhältnis zwischen beiden Parteien.

"Der eigentliche Gegenstand des Publikums-vertrages: Das Publikum erwartet als Gegenleistung für seinen Vertrauensvorschuss Geschichten, die mehr oder weniger schwer lösbare Probleme einer mehr oder weniger gelungenen Bewältigungsstrategie unterziehen." (Seite 115)

Eine geniale Idee

Obwohl Zag sich nur die Film und Fernsehwelt in seinem Buch betrachtet, finde ich die Idee des Publikumsvertrags brilliant. Denn die Vertragsmetapher lässt sich auf alle Medien abstrahieren, die händeringend nach Worten suchen, um die Sender/Empfänger-Beziehung nach der Digitalisierung zu bechreiben. Die Metapher impliziert nämlich - anders als das Sender und Empfängermodell - ein Verhältnis zwischen Produzenten und Publikum, das auf Verhandlung beruht, flexibel ist, neu austariert werden kann und gleichzeitig die Empfängerseite aufwertet.
Als Vertragspartner (auf Augenhöhe ?) hat das Publikum ein Recht, für seine Aufmerksamkeit und Teilnahme eine Gegenleistung, einen persönlichen Nutzen, verlangen zu können.
Und das zwingt Medienproduzenten, die Erwartungen des Publikums sehr ernst zu nehmen, um nicht durch Aufmerksamkeitsverweigerung abgestraft zu werden.

Leider hat Zag die Tragweite seiner eigenen Idee nicht erkannt. Weil sein daraus abgeleitetes Vertragswerk die Relevanz des Publikums unterschätzt, verheddert sich sein Vertrag in logischen Sackgassen, die ich im Folgenden aufzeigen will .

Zags Publikumsvertrag
Zags Publikumsvertrag besteht aus zwanzig Paragraphen. Sie spiegeln, so der Autor, die Erwartungen des Publikums wider. Ihre Anwendung soll die Entwicklung und Beurteilung von erfolgreichen Filminhalten vereinfachen. Grob zusammengefasst erwarte der Zuschauer vor allem Geschichten um soziale Bindungen. Gute Filme sollten u.a. von Zugehörigkeit (§1), Geben und Nehmen, Austausch, Schuld (§2) und Anmaßung (§2) handeln, Emphatie erzeugen (§3) und Figuren in ihren sozialen Vernetzungen (§6/7) zeigen sowie Figuren, die um Erfüllung ringen (§9). Am Ende solle der Film zu einer gerechten Lösung führten (§5).

Entwickelt hat Zag die Paragraphen seines Vertrages durch eine inhaltlichen Analyse von 200 Filmen, die er nach Besuchszahlen (Reichweite) in erfolgreiche und weniger erfolgreiche Filme unterteilt hat. So gelang es ihm, so behauptet er, die Konzepte erfolgreichen Filme in grundsätzlichen Regeln zu formulieren.

Methode und Kritik
Beim Lesen kam mir sofort der Gedanke, ob sich mit dieser Methode nicht ebenso Publikumsverträge für Werbung, Zeitschriften oder Social Communities entwickeln lassen. Bedarf gibt es genug die Erwartungen von Konsumenten in einfache und sichere Produktionsregeln zu fassen.
Doch nach einigem Nachdenken glaube ich, dass die Methode "Inhaltsanalyse" (oder anders allgemeiner Ausgedrückt Case Study Analyse) das zentrale Erkenntnisproblem von Zags Vertragswerk ist - an dem auch jeder Publikumsvertrag für andere Medien scheitern wird:

Zag will mit seinem Vertrag Publikumserwartungen abbilden, bleibt aber eine jede Form von Publikumsanalyse nach Interessen, Motiven, sozialen Kontexten, Clustern etc. schuldig. In seiner Argumentation taucht das Publikum nur als statistischer Erfolgsanzeiger auf: Ein Film, der viele Zuschauer hat, muss viele Erwartungen erfüllt haben, sonst hätte er nicht so viele Zuschauer. Deshalb kann man aus der Analyse erfolgreicher Filme, die gemeinsamen Elemente heraus kristallisieren und zu allgemeingültige Regeln abstrahieren.

Die Argumentation über die Zuschauerquote klingt nicht nur bestechend einfach. Sie ist Medienleuten sofort vertraut und suggeriert eine naturwissenschaftliche Genauigkeit. Schließlich leiten sich die Paragraphen, wie in der Physik aus der Analyse erfolgreicher Experimente/Cases ab.

Leider zeigt sich immer wieder, das Kommunikation nicht nach physikalischen Regeln verläuft. Deshalb wirft der Publikumsvertrag für mich vier zentrale Kritikpunkte auf, die deutlich machen, dass es neben der Analyse von Inhalten absolut notwendig ist, auch das Publikum zu Wort kommen zu lassen, will man Publikumserwartungen wirklich verstehen:

1. Selbstreferenzalität
Zag leitet seine Paragraphen aus 200 Filmen ab, die unter den bisher gültigen dramaturgischen Regeln erstellt worden sind. Dementsprechend kann er als Ergebnis nur eine Reformulierung des größten gemeinsamen Teilers bekannter dramaturgischer Regeln erhalten.

2. Subjektive Anwendbarkeit und Zirkelschluss
Zag definiert für keinen Paragraphen seines Vertrages eine objektive Richtlinie, wann er erfüllt ist. Vielmehr deligiert er diese Entscheidung an das Publikum. Wird der Film ein Erfolg (d.h. er hat eine hohe Zuschauerqoute) ist der Vertrag erfüllt worden. Verfehlt der Film eine hohe Quote ist der Vertrag nicht erfüllt worden.

Das bedeutet aber zum Einen, dass während der Produktion über die Frage, ob der Inhalt den Publikumsvertrag erfüllt oder nicht, nur spekuliert werden kann. Bei der Auslegung der Pararaphen ist Irrtum nicht ausgeschlossen. Auch wenn sein Buch eine bessere Erfolgsprognose von Inhalten verspricht, bleiben Autoren und Produzenten im Vorfeld eines Filmes also genauso schlau wie ohne Publikumsvertrag.

Zum anderen ist Zags Argumentation ein Zirkelschluss inherent: Egal ob ein Film Erfolg hat oder nicht, die Allgemeingültigkeit seines Publikumsvertrag wird immer bestätigt (Erfolgreicher Film= Vertrag erfüllt / Nicht erfolgreicher Film = Vertrag nicht erfüllt). Die Möglichkeit, dass sich Publikumserwartungen verändern können, und damit auch Paragraphen neu geschrieben werden müssten, sieht sein Vertrag nicht vor.

3. Ausklammern externer Faktoren
Zag klammert kategorisch alle externen Faktoren aus, die zum Erfolg oder Misserfolg eines Projektes beitragen können wie Marketing, Zeitgeist, Produktionsqualität, Sendeplatz, Distribution, Rezeptionsumgebung etc.
Daraus folgt in der Anwendung des Vertrages, dass Erfolg und Misserfolg nur im Inhalt begründet liegen kann. So bleibt eine umfassende Systemanalyse ausgeschlossen. Deshalb kann der Publikumsvertrag z.B. nicht erklären, warum Filme im Kino scheitern, aber auf DVD erfolgreich sind.

4. Innovationsresistenz
Alle allgemeingültigen Regelwerke sind von Grund auf innovationsresistent.
Wer Zags Publikumsvertrag "to the letter" ernst nimmt, braucht keine neuen Ideen, sondern muss nur noch die 'Rezepte erfolgreicher Filme' nachkochen.
Das ist für die Produzenten äußerst erholend, denn es legitimiert, nicht über den Tellerrand blicken: Warum mehr als die eigenen Inhalte rezipieren und analysieren, wenn sich daraus, die Regeln für den Erfolg ableiten lassen.Die Realität der Medienlandschaft zeigt hingegen, dass eben dieses Denken zu permanenter Wiederholung führt.
Hat eine Krankenhausserie Erfolg, wird sie solange kopiert, bis niemand mehr einen Arzt sehen möchte. Hat ein "Viral-Video" Erfolg, wird der Grundinhalt von einhundert Werbeagenturen kopiert werden. Hat eine Zeitschrift Erfolg...
Als Metapher für das Problem kann man sich ein altes Adelsgeschlecht vorstellen, dass nur innerhalb der Familie heiratet. Medien, die nur sich selbst als Inspirationsquelle heranziehen, neigen dazu mit der Zeit ihren Genpool zu schädigen, wenn er nicht durch frisches Blut aufgefrischt wird.
Denn Innovationen entstehen sowohl durch Synergien zwischen artfremden Gedanken und Themen, sowie durch die Aufmerksamkeit für sich wandelnde Bedürfnisse beim Publikum. Kurz gefasst: Wer im übertragenen Sinne nur Mobiltelefone analysiert, kann kein iPhone erfinden.

Deshalb ist es nötig paralell zur Inhaltsanalyse genauer hinzusehen und sich nicht auf die Regeln seiner Medienbranche zu verlassen. Die Quote/Reichweite ist ein gutes Indiz für Erfolg und Scheitern. Aber da sie immer nur im Nachhinein erhoben werden kann, liefert sie ebensowenig Erklärungen für Erfolg und Misserfolg von Inhalten, wie Erfolgsprognosen für neue Inhalte oder Ideen für radikale Innovationen.

Um Relevanz zu erhalten, muss der Publikumsvertrag erweitert werden, um die Pflicht mit dem Publikum in Dialog zu treten, wirkliche Publikumsmeinungen zu recherchieren, Zuschauerzahlen in Interessen, Situationen und Kontexte umzuwandeln und Zuschauerkritik wie Anregungen ernst zu nehmen.

Dabei geht nicht um repräsentative Aussagekraft oder Mehrheitsmeinungen. Es geht um die Suche nach neuen Ansätzen, Erkenntnissen und Thesen, die anschließend quantitativ verifiziert werden können. Eine einzelne Idee eines Zuschauers, kann einen ganzen Film verändern. Ebenso kann eine einzelne substantielle Kritik, das Scheitern eines Inhalts erklären.
Aber wie lassen sich die Erwartungen der Zuschauer in die "Vertragsverhandlung" einbinden?

Ein paar Ansätze:
  • Medien-Ethnographie: Durch teilnehmende Beobachtung werden einzelne Medienerlebnisse en detail dokumentiert und interpretiert. Daraus lassen sich Thesen über Erwartungen ableiten, die anschließend verifiziert werden. Die enthographische Zuschauerforschung hat z.B. gezeigt, dass Publikumserwartungen im TV vielschichtiger sein können, als es der Inhalt erwarten lässt. So sind zum Beispiel für viele Horrorfans manchmal die Spezialeffekte wichtiger als die Filmhandlung.
  • Open Innovation: US Erfolgsproduktionen wie Lost, Star Trek oder die Simpsons halten engen Kontakt zu den Fans, beziehen deren Vorschläge und Kritik in die Produktion von Geschichten ein (mehr dazu).
  • Web Monitoring: Das Internet macht eine Vielzahl von Publikumsmeinungen transparent und wird zu einer unschätzbaren Inspirationsquelle, weil diese Meinungen per Suchmaschine automatisch indizierbar sind. Bestes Beispiel die lebhaften Twitter-Diskussionen, die paralell zu jedem Tatort ablaufen. Gleichzeitig erlaubt das Web mit diesen aktiven Rezipienten in Kontakt zu treten.
  • Cross-Innovation: Konstanter interdisziplinärer Austausch zwischen den Kreativen unterschiedlichster Mediengattungen, hilft den Blick über den Tellerrand hinaus zu schärfen. Hier gehen medienwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaften, wie z.B. die AG Games mit gutem Beispiel voran. Dort haben sich Wissenschaftler aus vielfältigen Forschungsdisziplinen zusammengefunden, um ohne Angst vor anderen Wissensbereichen, den Gegenstand des Computerspiels zu beleuchten.
FAZIT

Zags Idee eines Publikumsvertrages bleibt brilliant, weil sie Medienschaffende endlich einen flexible Metapher gibt, um das Produzenten/Konsumenten Verhältnis nach der Digitalisierung zu beschreiben. Wenn sich die Mediennutzung und die Erwartungen von Konsumenten ändern, müssen Medienproduzenten mit ihren Rezipienten einen neuen Publikumsvertrag auszuhandeln, der den Interessen und Erwartungen beider Parteien gerecht wird. Auch wenn das für Medienmacher bedeutet, etwas von der gewohnten Macht aufzugeben. Allerdings bleibt die Frage offen, wie dieser Vertrag auszusehen hat oder wie er ausgehandelt wird.

Der von Zag aufgestellte Publikumsvertrag jedoch, ist ein kleiner Etikettenschwindel. Er bildet keine Publikumserwarungen ab, sondern eine strukturierte Übersicht über dramaturgische Kniffe bei audiovisuellen Medien. Auch das ist eine große Leistung. Seine zwanzig Paragraphen helfen Autoren, Dramaturgen und Produzenten entlang einer gemeinsamen Gesprächsgrundlage ihre subjektiven Meinungen bezüglich eines Inhalts zu diskutieren. Und eine solche Gesprächsgrundlage wünscht man sich auch für Werbung, Verlage oder Social Media. Ein wirklicher Publikumsvertrag hingegen käme erst dann zu Stande, wenn das Publikum in die Verhandlung einbezogen wird.

3 Kommentare:

  1. Hallo Christian Riedel,

    freut mich, dass über mein Buch geschrieben wird. Das Lob lasse ich mir natürlich gerne gefallen.

    Über den Tadel möchte ich dann aber doch ein bißchen nachhaken:

    Ich glaube, dass die Idee des Buches gründlich missverstanden wird, wenn man glaubt, ich würde "Erfolg" gleichsetzen mit großen Publikumszahlen. Davon, dass ich andere Faktoren ausschließe, kann keine Rede sein (ich habe sie nur nicht in meinem Buch beschrieben, weils darum nicht geht).


    Die Behauptung, man könne Filme per Rezept "Klonen", kann ich mit wirklichen Zitaten aus meinem Buch zurückweisen - das habe ich nie gesagt und nie gemeint (und es ist auch nicht so! Sonst wäre die dramaturgische Arbeit nicht so kompliziert...).

    Worin ich mich gründlich mißverstanden fühle (ist sicher am Ende mein Problem), ist die Tatsache, dass ich nur auf EINE, wenn auch sehr zentrale Ebene des filmischen Erlebens hingewiesen habe (steht auch sehr deutlich im Buch, glaube ich).

    Und zwar handelt es sich hier um eine universelle, aus dem evolutionsbiologischen Setting des Zusammenlebens sich ergebende Frage, wie wir soziale Prozesse, die auf der Leinwand ablaufen, emotional verarbeiten.

    Hier habe ich auf Muster hingewiesen. Mehr nicht. (Von "guten" Filmen habe ich sicher nie was gesagt, denn gute Filme gibts nicht, genauso wenig wie schlechte).

    Dass diese Muster wieder in ganz verschiedenen Genres ganz verschieden wichtig sind, wurde ja sehr deutlich bemerkt. Und in den Genres steckt ja dann gleich wieder die Ausdifferenzierung der Publikumsinteressen mit drin (also die angemahnten Fragen nach den Bedürfnissen und sozialen Hintergründen des Publikums). Dass also der "human factor" für einen Horrorfilm anders wirksam wird als für ein Family Entertainment, wird bei mir nicht unterschlagen.

    Insofern kann ich leider mein Buch nur zum Teil in dem Kommentar wieder erkennen. Woran mag das liegen?

    Würde mich gerne näher darüber auseinander setzen. VIelleicht klappt das ja. Würde mich freuen.

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  2. Lieber Roland Zag,

    vielen Dank für die ausführliche Antwort auf meinen Beitrag.
    Eines vorweg: Ich finde ihre Idee des Publikumsvertrags großartig!! Und jeder einzelne Paragraph ist wertvoll, um (nicht nur bei der Produktion von Filmen) gezielt über dramaturgische Fragen zu sprechen. Es hat mir großen Spass gemacht, Ihr Buch zu lesen, mich kritisch damit zu beschäftigen und daraus neue Erkenntnisse zu ziehen. Sollte ich Sie in meinem Beitrag persönlich getroffen haben, bitte ich um Verzeihung.

    Meine Kritik bezieht sich weniger auf das Ergebnis ihres Buches, als auf die Beweisführung. Deshalb möchte ich besonders auf drei Ihrer Anregungen gleich antworten (obwohl es viel zu spät Abends ist):

    1. Sie schrieben: "Ich glaube, dass die Idee des Buches gründlich missverstanden wird, wenn man glaubt, ich würde "Erfolg" gleichsetzen mit großen Publikumszahlen."

    Soweit ich ihre Einleitung verstehe, haben Sie zumindest die Filme in Ihrer Analyse, nach der Publikumsquote systematisiert:

    "Die Analyse umfasst etwa 200 Filme aller gängigen Genres. Entweder waren sie spektakuläre Kassenmagneten bzw. Maßstab setzende Leistungen [...]- oder sie waren Flops, also Filme, die trotz z.T. großen Aufwands ihr Publikum nicht fanden" (Seite 10)

    2. Sie schrieben:
    "Die Behauptung, man könne Filme per Rezept "Klonen", kann ich mit wirklichen Zitaten aus meinem Buch zurückweisen - das habe ich nie gesagt und nie gemeint. "

    Sie haben Recht! Zu meiner Verteidigung: Ich habe Ihnen an keiner Stelle ein Zitat in den Mund gelegt. Und Sie haben explizit darauf hingewiesen, dass Buch nicht als Regelwerk zu sehen, "um Drehbücher über einen Kamm zu scheren".

    Ich hatte trotzdem beim Lesen das Gefühl,dass Ihr Vertrag einen Allgemeingültigkeitsanspruch entwickelt.
    Und aus meiner Erfahrung in der Kreativitätsberatung nehmen Produzenten (aller Branchen) sehr gerne Erfahrungsmuster (Case Studies) als unumstößliche Regelwerke hin.
    Es kann sein, dass ich daher (und das ist mein Problem :-)) reflexartig zu einer überkritischen Haltung neige. Sie ist davon geprägt, darzulegen, dass alle Theorien (inkl. meiner Eigenen) blinde Flecken in der Argumentation haben.

    3. Sie schrieben:
    "[...] die Tatsache, dass ich nur auf EINE, wenn auch sehr zentrale Ebene des filmischen Erlebens hingewiesen habe (steht auch sehr deutlich im Buch, glaube ich).
    Und zwar handelt es sich hier um eine universelle, aus dem evolutionsbiologischen Setting des Zusammenlebens sich ergebende Frage, wie wir soziale Prozesse, die auf der Leinwand ablaufen, emotional verarbeiten. "

    An diesem Punkt habe ich Sie verstanden. Doch erst die Idee, ihren Publikumsvertrag zu abstrahieren, hat meine Fragen über die Methodik ihres Buches aufgeworfen.

    Ich denke: Die Frage nach der emotionalen Verarbeitung verfilmter sozialer Prozesse aus einer Filmanalyse heraus zu untersuchen, bietet nur einen Teil der Erklärung.

    Denn könnte es nicht sein, dass die Filmanalyse Veränderungen in den Kategorien des Publikumsvergnügens unentdeckt lässt?
    Könnte nicht der Kontext, in dem ein Zuschauen einen Film, sieht eine solche neue Kategorie sein, die nur durch Beobachtung realer Rezeptionssituationen von Filmen sichtbar wird. Und beeinflussen diese Kontexte nicht auch das Drehbuchschreiben? Wie schreibt man eine romantische Komödie für den gemütlichen Couchabend?

    Fortsetzung (wg. Zeichenbeschränkung) s.u.

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  3. Fortsetzung:

    Mich haben zu dieser Kontext- Frage besonders zwei Texte inspiriert. Sie zeigen, wie sehr sich situative und kulturelle Kontexte auf das Vergnügen an einer Geschichte auswirken: Die Analyse von LOST durch Henry Jenkins in Convergence Culture ( http://tinyurl.com/m55y3d ) und die Analyse des Vergnügens von Obdachlosen an 'Stirb langsam' von John Fiske (http://tinyurl.com/moxbh7).

    Meine Kritik bleibt trotzdem (wie jede Kritik) unfair. Als Autor mussten Sie sich für eine Methode entscheiden. Und es ist viel leichter die Analyse zu kritisieren, als sie zu schreiben.

    Deshalb würde ich mich freuen, wenn Sie meine Kritik als Anregung und Aufforderung eines kritischen Fans für ein Sequel lesen, das ihre Frage noch aus anderen Perspektiven betrachtet und die Arbeit an Filmen bereichert.

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