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Mittwoch, 27. Mai 2009

Print ist das neue Vinyl - Bei Checkdisout "New-Print" diskutierten Blattmacher über Innovationen zwischen Mainstream und Selbstausbeutung.




Über die Krise der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage waren sich die Teilnehmer der zweiten Checkdisout- Diskussion im ausverkauften Kunstverein Hamburg schnell einig. Einen Ausweg hatten allerdings auch die fünf erfahrenen Blattmacher auf dem Podium nicht parat. Und so entwickelte sich die Diskussion, die neue Konzepte in der Printbranche beleuchten sollte, eher zu einer kurzweiligen Bestandsaufnahme der aktuellen Lage.

Das derzeitige Aussterben von Zeitschriften Titeln, wie der Vanity Fair,sei vor allem als eine gesunde Bereinigung des Marktes. Es gäbe wenig Grund um Blätter wie Lisa, Lea oder Lara zu trauen, die sich von einander so sehr unterscheiden würden wie Tick Trick und Track, so Lead Award Chef Markus Peichl.

Die großen Verlage seien derzeit vor allem die Opfer ihrer Innovationsmüdigkeit und dem Regime ihrer kurzfristigen Wachstumsorientierung. Um schnell mehr Anzeigenerlöse zu erzielen, hätten sich die Verlage zu lange auf eine „Copy und Paste“ Mentalität verlassen. Erfolgreiche Mainstream-Magazine wurden solange kopiert und in den Markt gedrückt, bis sich der Leser aus Langeweile über ewig gleiche Inhalte abwenden musste.
Doch die Leser lassen sich nicht länger für Dumm verkaufen. Das zeige vor allem der Erfolg von Magazinen wie Neon oder Brandeins. An ihren kommerziellen Erfolg wollte Anfangs niemand so recht glauben, aber es sei ihnen gelungen, eine eigene Leserschaft aufzubauen.

Daher sieht Andreas Böker, ehemaliger Chefredakteur der Marke Max, das Ausbleiben der Anzeigengelder auch als Chance. Die Redaktionen und Verlage müssten sich wieder mehr auf den Leser zu konzentrieren, statt Advertorials zu schreiben und Umgebungen für Anzeigen zu schaffen, so Böker.

Dabei müsse sich auch die Haltung des Journalismus verändern. Kein Leser wolle mehr von oben herab die Welt erklärt bekommen. Daran, so Böker, sind schon die meisten Männertitel inklusive der MAX gescheitert. Blätter wie Landlust oder Intouch würden den Lesern das Gefühl geben mit der Redaktion auf seiner Stufe zu stehen. Die meisten Männertitel hingegen konzentrierten sich darauf ihre Leser zu belehren, welche Krawatte zu welchem Anzug passe.

Woher die Innovationen allerdings kommen sollten, darüber herrschte Ratlosigkeit in der Runde. Zwar gäbe es eine lebendige und inspirierende Indiependent Szene. Doch die meisten der dort veröffentlichten Titel rechneten sich nicht einmal für die Macher selber. Sie seien vor allem Liebhaberprojekte begeisterter Journalisten mit einem Hang zur Selbstausbeutung, so Peichl.

Von diesem Punkt an blieb die Debatte in der Ausweglosigkeit stecken. Denn einerseits, so das Podium, könnten die innovativen Blätter der Indieszene nicht genügend Anzeigen gewinnen um sich zu rechnen. Andereseits sterben die Massenblätter aus, weil sie auch nicht genügend Anzeigen gewinnen können.
Zwar wurden höherer Copypreis und sogar ein öffentlich-rechtlicher Journalismus diskutiert, aber so richtig wollte sich keiner der Panelteilnehmer von dem klassischen Geschäftsmodell lösen.

Leider erst auf dem Heimweg habe ich mich gefragt, ob nicht das größte Problem der Verlagsbranche ist, den Erfolg jedes Magazins an einer wachsenden Reichweite/Quote festzumachen. Statt an einer ständigen Maximierung der Leserschaft festzuhalten, könnte es sich auch für die Verlage lohnen, neben den großen Mainstreamheften, auch feste Nischenpublika mit innovativen Formaten lukrativ zu bespielen. Das wird vor allem dann spannend, wenn sich die Verlage von demographischen Zielgruppen (Frauen, Kinder, Teenager) lösen und themenorientierter entwickeln. Als günstiger Nebeneffekt erhielten dann auch die Anzeigen für die Werbekunden wieder mehr Relevanz, weil sie sicherer ihre Zielgruppe treffen. Und vielleicht wird dann ein Verlagshaus wie Gruner und Jahr sogar zum Print on Demand und Distributionspartner von Indypendent Magazinen.

Trotz aller Probleme wollte aber keiner der Panelteilnehmer den Printjournalismus für Tot erklären. „Print ist das neue Vinyl“, proklamierte Indy-Blattmacher Alain Biber. Er ist fest davon überzeugt, dass sich auch weiterhin Nischen und Enthusiasten finden lassen, die das Erlebnis einer gut gemachten Magazins schätzen - egal ob online oder offline. Dem stimmt auch Alexander Böker zu. Doch er glaubt erst an elektronische Lesegeräte, wenn sie am Strand und in der Badewanne funktionieren und die Gänsehaut einer gutgemachten Fotodoppelseite auslösen können.

Und was die Mainstream-Verlage angeht, schien es mir nach der Debatte so, als könnte man erst auf neue Ideen hoffen, wenn der sich Innovationsdruck sich nicht mehr durch Kosteneinsparung wegrechnen lässt. Leider kann keine Marktforschung der Welt den Erfolg einer Innovation prognostizieren. Da ist Mut gefragt. Die Printbranche muss sich wohl, wie Markus Peichl sagte, auf acht harte Jahre einstellen.

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