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Montag, 11. Oktober 2010

Digital Film Camp: Unternehmergeist, Audience Builiding, Crowdfunding und Social Media

Ich war am vergangenen Freitag spontan auf dem DigitalFilmCamp im Rahmen des Filmfestes. Seltsamerweise wurde die Veranstaltung in diesem Jahr unter dem Titel "GreenCamp" im Programm geführt. Offiziell es sollte um Crowdfunding und Enviromental-Films gehen. Doch Umweltfilme wurden nur am Rand diskutiert.

Meine Vermutung ist, dass die künstliche Titel-Konstruktion ein nötiger "Kniefall" vor dem diesjährigen Oberthema des Filmfestes war, um an eine kleine Förderung kommen. Und ich bin mir sicher, dass der missverständliche Titel dazu geführt hat, das das DigitalFilmCamp bei weiten nicht so gut besucht war, als im vergangenen Jahr.

Eigentlich schade - denn die vier Gastredner aus Finnland, Schweden und Spanien hatten wirklich spannende Dinge zu erzählen. Als Filmemacher haben sie alle die Regeln der Filmbranche hinter sich gelassen und dank Social Media eine Community aufbauen können, die ihre Filmprojekte zum Teil mitfinanziert.

Den Einstieg machte Michael Gumpelmaier, Gründer des Portals Filmtiki.com. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Social Media Marketing für Filmprojekte und schreibt einen Blog mit vielen Links und Case-Studies: http://gumpelmaier.net/2010/10/08/green-camp-hamburg-alternative-filmfinanzierung-via-web-2-0/

Nach ihm berichteten Jarmo Puskala und Pekka Ollula aus Finnland über ihr Filmprojekt IRON SKY. Sie starteten mit der schrägen Idee einen ironischen SciFi-Film über Nazis zu machen, die 1945 auf den Mond geflüchtet sind und 2018 die Erde zurück erobern wollen.



Und dank der Resonanz im Netz ist daraus das zweitgrößte Filmprojekt der finnischen Geschichte geworden. Vom ersten Moment an nutzten Sie Social Media, um sich mit allen Menschen zu vernetzen, die sie für diese Idee begeistern konnten.
Und das sind mehr als sie je erwartet haben: Der aktuelle Teaser-Trailer hat die 1.000.000 views auf Youtube beinahe geknackt. Götz Otto wurde als Hauptdarsteller verpflichtet und mit ihrer dialogorientierten Kommunikation über Website, Email, Youtube, Facebook und Twitter erreichen sie 150.000 Menschen pro Woche. So haben sie es geschafft, dass sie mit etwa 1.000.000€ von der Community unterstüzt zu werden - immerhin knapp 1/6 des Gesamtbudgets.
Dieser Erfolg gründet sich vor allem auf Zeit und harte Arbeit. Mindestens drei Personen seien in Vollzeit damit beschäftigt, die Social Media Kommunikation zu pflegen. Aber auch alle anderen an der Produktion beteiligten, seien indirekt immer ins Marekting eingebunden: "Everything you do online is marketing", sagte Jarmo. Er erinnerte aber auch daran, dass es nicht nötig sei mit Social Media jeden zu erreichen. Es ginge weniger um Reichweite, als darum die begeistertsten Fans zu finden und als Fürsprecher zu gewinnen und zu verstehen, dass alles was man über den Film berichtet auch ein Teil der Geschichte ist.

Seine Präsentation ist ziemlich Aufschlussreich:


In der anschließenden Diskussion gaben die Beiden ganz offen zu, dass es hilft, wenn man eine bereits existierende Community wie Science Fiction-Fans ansprechen kann. Auch sei der Kern ihrer Community bereits während der Dreharbeiten zu ihrem ersten Film StarWrek entstanden.



Die StarTrek Parodie entstand ohne Budget und mit einer Produktionszeit von sieben Jahren. Viele Fans stammen noch aus dieser Zeit und begleiten die Filmemacher seit vielen Jahren. Und das Produktionsteam sucht aktiv die Hilfe der Fans, bei allen offenen Fragen jenseits des Plots. So habe die Fanbasis wichtige Produktions-Fragen gelöst ("Wie sieht eigentlich zerschossenes Metall aus?") und sogar einige Trailer produziert. Für solche Fragen haben sie die Plattform Wreckamovie.com gegründet. Hier können Filmemacher ihre Filme einstellen und die Community bitten, sie zu kommentieren.

Neben den Zahlen teilten die Beiden auch sehr persönliche Geschichten. Vor allem Schmerze sie mit dem Vorwurf des Sell-Outs konfrontiert zu werden, sagte Jarmo. Um so schöner sei es mitzubekommen, dass die Community neue Freundschaften ermögliche. Doch die größter Angst bleibe, dass der Film nicht den Erwartungen der Fans gerecht werde. Denn was letztlich zähle sei die Story.

Eine anderen Weg ist die junge schwedische Filmemacherin Hanna Skøld gegangen. Um ihren ersten Film Nasty Old People hat sie einen Kredit von 10.000e aufgenommen - doch wie sollte sie das Geld wieder zurückzahlen, wenn niemand den Film sehen kann. Deshalb hat sie ihren Film unter Creative Commons Lizenz gestellt und sich an das Bittorrent-Portal Pirate Bay gewendet. Pirate Bay, die wegen der Verteilung von illegalen Filmkopien unter Beschuss der Filmindustrie stehen, haben den Film auf der Startseite als Download präsentiert. In den ersten fünf Tagen wurde der Film 16.000 Mal runter geladen. Und die plötzliche Begeisterung führte dazu, dass Hanna Skøld ihren Kredit über die Spenden der Zuschauer zurück zahlen konnte, die ihren Blog besucht haben. Und ein Jahr nach der "Premiere" auf Pirate Bay hat das schwedische Fernsehen den Film ausgestrahlt.

Die radikalste Strategie stellte Nicolás Schächter aus Spanien vor. Er arbeitet an einem Film über die vergessenen Kosmonauten der frühen Weltraumära. Das Projekt befindet sich noch in der Anfangsphase und ist von der festen Überzeugung geprägt, dass nicht der Content zähle, sondern das Erlebnis mit dem Content.

"El Cosmonauta" Teaser 1 (ESP) from Riot Cinema on Vimeo.


Digitale Inhalte seien durch das Netz sowieso zu jederzeit frei verfügbar und beliebig kopierbar. Weil es keinen Sinn mache, digitale Inhalte künstlich zu verknappen, plant er den Film mit einer Creative Commons Lizenz versehen und auf allen Kanälen gleichzeitig zu distribuieren.


Auch das Drehbuch ist im Volltext bereits online. Das raubt dem Film keinesfalls die Spannung, denn die Kommentare, der wenigen Fans, die es wirklich gelesen haben, hätten es wirklich besser gemacht.

Dem Kino komme dabei die Sonderrolle zu, zur Eventfläche zu werden. Die Rezeption des Films könnte zu einem Happening mit Party werden, oder zum Abschluss eines Alternate Reality Games. Deshalb setzt er viel auf transmedia storytelling und will den Kosmos des Films mit Comics, Events und anderen Medien ausdehnen. Denn in seinem Verständnis geht es nicht um die 90min Film am Ende - er sieht sich als Storyteller, der ein Erlebnis schafft.

Allerdings gab er auch offen zu, dass es schwer falle, mit ihrem radikalen Konzept finanzkräftige Unterstützer zu finden. Doch er sieht es positiv: Es werde viel geredet über transmedia und social media, aber ausprobieren müssten die unabhängigen Macher, die finanziell alles riskieren. Und wenn sie Erfolg haben, dann springen alle anderen auf.

Und ganz egal, ob Iron Sky oder Cosmonaut ein Erfolg an der Kinokasse werden, von dem Machergeist kann man schon jetzt den Hut ziehen und wünscht sich, er würde in andere Kreativbranchen einziehen.

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